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Schwarzer Bär & Grüne Tanne

Jenas Geschichte entdecken

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Mit dem Hotel „Schwarzer Bär“ und der „Grünen Tanne“ bestehen in Jena zwei traditionsreiche gastronomische Betriebe. Namhafte Persönlichkeiten gingen hier im Laufe der Geschichte ein und aus. Der als „Bärenwirt“ überlieferte Nikolaus Börner beherbergte 1522 Martin Luther. Später logierten Johann Wolfgang von Goethe, Fritz Reuter, Theodor Storm, Otto von Bismarck und Wilhelm Furtwängler im „Bären“. Auch heute lassen sich die Gäste gern von der guten Küche verwöhnen.

Unser Tipp: Probieren Sie das Fünf-Gang Menü „Futtern wie bei Luther’n“.

Im Universitätsgarten gegenüber dem Schwarzen Bären steht das Burschenschaftsdenkmal, das thematisch zum wenige hundert Meter entfernten Restaurant Grüne Tanne führt. Seit jeher ein beliebtes Ausflugsziel der Studenten, wurde in der Grünen Tanne 1815 die Urburschenschaft gegründet. Das Gebäude diente der bis 1909 selbstständigen Gemeinde Wenigenjena/Camsdorf als Rathaus, wo u. a. die Mitglieder des Parteivorstands der Sozialdemokratie August Bebel und Clara Zetkin sprachen. Bis heute lassen Besucher in dem am Saaleradweg gelegenen Traditionslokal gern die Seele baumeln, sitzen draußen im Biergarten und genießen die traditionelle Thüringer Küche.

Lesen Sie das Interview mit Jenas Stadthistoriker Dr. Rüdiger Stutz zum interessanten Thema der Jenaer Burschenschaften und warum die schwarz-rot-goldene Fahne ihren Ursprung in Jena hat.

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Grüne Tanne
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Schwarzer Bär

Mit dem Hotel Zum Schwarzen Bären und dem Gasthof Grüne Tanne haben wir zwei traditionsreiche gastronomische Betriebe in Jena. Welche namhaften Persönlichkeiten gingen hier im Laufe der Geschichte ein und aus?

Der als „Bärenwirt“ überlieferte Nikolaus Börner beherbergte 1522 Martin Luther. Auf Luthers Aufenthalt bezieht sich ein 1861 entstandenes Gemälde, das heute die Lobby des Hotels schmückt. Neben namhaften Jenaer Universitätsprofessoren wie Ernst Haeckel logierten hier Johann Wolfgang von Goethe, Fritz Reuter, Theodor Storm, Otto von Bismarck 1892 und Wilhelm Furtwängler 1927 bzw. 1929. Ein Gasthof „Tanne“ wurde 1751 erstmals erwähnt, wo sich Goethe im Zuge seiner ministeriellen Dienstgeschäfte 1817/18 und gewiss auch zur Entspannung mehrfach aufhielt. Da das Gebäude der bis 1909 selbstständigen Gemeinde Wenigenjena/Camsdorf als Rathaus diente, sprachen im großen Saal auch Mitglieder des sozialdemokratischen Parteivorstandes wie August Bebel und Clara Zetkin.

Am Fürstengraben, gegenüber dem Schwarzen Bären im Universitätsgarten, steht das Burschenschaftsdenkmal. Woran erinnert es? Und was hat es laut Inschrift „mit Frauen und Jungfrauen“ zu tun?

Es erinnert an die Gründung der Jenaischen Burschenschaft am 12. Juni 1815 im Gasthaus „Grüne Tanne“. Dieser neuartige, den gesamten deutschen Sprachraum erfassende Lebensbund von Studenten wird heute im Allgemeinen als Urburschenschaft bezeichnet. Adolf Donndorf schuf das Jenaer Burschenschaftsdenkmal 1883 als Standfigur aus einem Block Carrara-Marmor. Das Denkmal befindet sich erst seit 1951 an diesem Standort vor dem Universitätshauptgebäude. Bis 1947 stand es auf dem historischen Eichplatz, der nicht mehr existiert. Es verkörpert einen Studenten in der Altdeutschen Tracht eines Burschenschafters. Studenten wurden zeitgenössisch als Burschen bezeichnet. Die Figur hält in heroischer Pose eine Fahne und das Jenaer „Burschenschwert“ in den Händen, dessen Herkunft nicht sicher verbürgt ist und die Inschrift „Für´s Vaterland“ trägt. Die vom Bildhauer sorgfältig gearbeitete Fahne zitiert die Widmung „Von den Frauen und Jungfrauen zu Jena am 31. März 1816.“ An diesem Tag übergaben Jenenserinnen der Urburschenschaft auf dem Eichplatz eine neue Bundesfahne, die sie genäht, mit einem goldenen Eichenzweig bestickt und mit Fransen aus Goldfäden versehen hatten. Sie vereinte erstmals die drei Farbbahnen Schwarz, Rot und Gold. Unter diesem Banner zogen Jenaer Studenten am 18. Oktober 1817 zur Wartburg, wo sie am Nationalfest der oppositionellen Burschenschaft teilnahmen. Das Original dieser „Wartburgfahne“ ist Eigentum der Jenaischen Burschenschaften Arminia auf dem Burgkeller, Teutonia und Germania.

Die „Grüne Tanne“ liegt direkt am Saaleradweg. Radfahrer und andere Gäste der Stadt wundern sich vermutlich über die Flagge auf dem Dach, die die umgedrehte Farbfolge der deutschen Fahne zeigt. Was hat es damit auf sich?

Am 27. Mai 1832 fand das Hambacher Fest statt, auf dem ca. 20.000 Handwerker, Arbeiter und Studenten die nationale Einheit aller Deutschen forderten. Ihre Kleidung schmückten zumeist schwarz-rot-goldene Kokarden oder Bänder an den Mützen. Einige Teilnehmer führten auch selbst genähte Fahnen mit, die in den Farben Schwarz-Rot-Gold gehalten waren. Allerdings unterschied sich die Mehrzahl der zum Hambacher Schloss empor getragenen Fahnen in der Reihung der Farbstreifen von der heutigen Nationalflagge Deutschlands. Die meisten Fahnen zeigten noch die Farbenfolge der Jenaischen Burschenschaften Schwarz-Rot-Gold von unten nach oben, das heißt, der schwarze Farbstreifen war unten, der goldene oben. In dieser Tradition steht auch die Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller/Jena e. V., deren Altherrenschaft das Grundstück der „Grünen Tanne“ 1991 erwarb. Nach dem weitgehenden Abbruch der historischen Gebäudesubstanz ließ sie den ursprünglichen Zustand des Wenigenjenaer Gasthofes aufwändig rekonstruieren. Seit 1994 nutzt die Arminia die oberen Stockwerke als Verbindungshaus mit einem Paukboden zum Schlagen der Mensur.

Wie kam es, dass die Ursprünge der Burschenschaftsbewegung in Jena lagen?

Im 18. Jahrhundert stand Jena im Ruf einer „Rauf- und Saufuniversität“. Gegen die geistige Verarmung, Verrohung und sittliche Verwahrlosung einer großen Zahl von Studenten wandten sich seit den 1770er Jahren Studentenorden, die noch im Geheimen agierten. Die Wurzeln der Jenaischen Burschenschaft sind in einem jahrzehntelangen, widerspruchsvollen Reformprozess zu suchen, der auf eine Zivilisierung der studentischen Lebensweise und Umgangsformen gerichtet war. So trug die Antiduell- und Ehrengerichtsbewegung dazu bei, die Selbstdisziplinierung unter den Studiosi zu verstärken und einem neuen Verhaltenskodex im studentischen Milieu wie gegenüber der bürgerlichen Öffentlichkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Dass gerade in Jena diese Ansätze in der Gründung einer überregionalen Organisationsform des studentischen Verbindungswesens kulminierten, hing mit dem zeitgleichen Auftreten einer ganzen Reihe „politischer Professoren“ zusammen. Lorenz Oken, Dietrich Georg Kieser, Jakob Friedrich Fries und vor allem Heinrich Luden entwickelten in ihren Vorlesungen das Konzept einer sittlich-moralischen Selbsterziehung der Studenten durch tätigen Einsatz für Wissenschaft und Gemeinwohl. Sie konnten sich auf Johann Gottlieb Fichtes „Philosophie der Tat“ oder die Tugendlehre von Fries berufen, die Immanuel Kants Verständnis von Vernunft mit der Forderung nach mehr politischer Emotion und Frömmigkeit verknüpfte. Von dieser gesinnungsethischen Warte rechtfertigten die Genannten auch gegenüber der Landesherrschaft eine stärkere Politisierung der Studentenschaft für die „Einheit und Freiheit des Vaterlandes“.

Burschenschaften werden heute eher kontrovers gesehen. Warum sollten wir uns an ihre Gründung erinnern?

Heute bietet die Vielzahl bestehender Einzelbünde in Deutschland, Österreich und der Schweiz dem Außenstehenden ein verwirrendes Bild heilloser Zerstrittenheit. Tatsächlich dominiert in der Öffentlichkeit die Kritik an den überkommenen Ritualen und dem Habitus der Burschenschafter, was wiederum häufig dem fortwährenden Differenzierungsprozess in deren breiten Organisationsspektrum nicht gerecht wird. Verachtung verdient die Haltung der Deutschen Burschenschaft in der Weimarer Republik und in der NS-Zeit. Es handelte sich um den größten korporativen Dachverband der Burschenschafter im deutschen Sprachraum. Die nationalchauvinistische, „großdeutsche“ und antisemitische Verbandspolitik in der Zwischenkriegszeit kann jedoch nicht schematisch auf die historische Gründungskonstellation von 1815 übertragen werden. Die Mitglieder der Urburschenschaft repräsentierten „die Vorhut“ der deutschen Nationalbewegung unter der akademischen Jugend. Sie boten unter hohen persönlichen Opfern den dynastischen Macht- und Sonderinteressen Paroli, weil sie sich dem Kampf für ihr „Vaterland“ ein Leben lang verpflichtet fühlten. Auf diese Weise bereiteten die frühen Burschenschaften seit Anfang der 1830er Jahre der Volksbewegung für demokratische Freiheits- und parlamentarische Mitwirkungsrechte in der Revolution 1848/49 den Boden. Das schloss eine gefühlstrunkene Selbstradikalisierung – wie von einer Minderheit auf dem Wartburgfest 1817 – und anarchistische Mordanschläge nicht aus.